Weine von Saint-Estèphe – sind sie anders als die Weine von benachbarten Weinanbauorten? Kann man den Unterschied überhaupt erkennen?

Erinnern Sie sich noch an die Episode mit Louis de Funès aus dem Film „Brust oder Keule“? Dem guten alten Louis reichte es, den Wein optisch zu betrachten, um die ganz genaue Position des Weinguts zu nennen.

Aber weg von der Kinowelt. Ohne einen Wein zu probieren, sagt Ihnen kein Kenner, woher genau er stammt. Doch die Nase und der Gaumen können hier viel mehr helfen.

Laut Wikipedia kann man den Charakter von Saint-Estèphe-Weinen bei einer Verkostung oft sicher erkennen: „kräftiger, säurehaltiger und strenger als die anderen Weine von der Médoc-Halbinsel“.  

Nun möchten wir uns selbst davon überzeugen. Aber bevor es zu dem Vergleich mit den benachbarten Gebieten kommt, suchen wir nach deutlichen Ähnlichkeiten unter unterschiedlichen Saint-Estèphe-Weinen:

Für die Verkostung besorgen wir uns drei Flaschen:

  • Château Serilhan 2016
  • Château Lilian Ladouys 2016
  • Château Tour des Termes 2016
Weine_Saint-Estephe

Château Serilhan 2016

Rebsorten: Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc

Im Glas dunkelrot. Nase: Brombeeren und Zeder, ganz leise Note von Kräutern und Blut. Am Gaumen würzig und tanninreich. Langsam kommen die Noten von Veilchen und Holz. Nach einer Weile erschmecke ich Kirsche und Zeder, etwas Erdiges mit eleganter Säure. Der Abgang ist ziemlich lang, blumig, fruchtig.

Rebsorten: Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc

Château Lilian Ladouys 2016

Rebsorten: Merlot, Cabernet Sauvignon, Petit Verdot, Cabernet Franc

Im Glas dunkles Rot. Fruchtige Nase mit mineralischen Wurzelnoten, Erde, Eukalyptus, Kirsche, Holunder und Zeder.

Am Gaumen sehr geschliffen und kraftvoll. Elegant und frisch. In diesen beiden Punkten klar im Vorteil gegenüber dem ersten Kandidaten. Weiter Noten von unreifer Pflaume und Kakao. Sehr komplex und charaktervoll.

Château Tour des Termes 2016

Rebsorten: Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Petit Verdot

Im Glas schwarz, oder fast schwarz. Nase: Schwarze Johannisbeere und nasser Stein, die CS-Noten dringen durch die typische Merlot-Frucht leiser, aber deutlich. Erst jetzt verstehe ich, dass ich die gleiche Note von nassem oder gebrochenem Stein auch bei den ersten zwei Weinen empfunden habe, sie aber nicht identifizieren konnte, nicht bei Namen nennen.

Am Gaumen sehr intensiv: Kirsche, schwarze Schokolade, ein wenig Holunder. Ausdrucksvolles Tannin. Der Abgang ist lang und elegant.

Fazit:

Sicherlich reichen bei unserem Thema drei Weine aus Saint-Estèphe nicht, um die typischen Merkmale für Weine dieses Gebiets herauszufinden. Dafür sind nicht nur weitere Verkostungen von anderen Saint-Estèphe-Weinen vonnöten, sondern auch das Gegeneinanderstellen mit Nachbarn aus Pauillac oder Saint-Julien.

Doch vielleicht komme ich jetzt bereits auf die Spur. Ich fand alle drei tatsächlich etwas kräftiger.

Außerdem (ob das zu den charakteristischen Saint-Estèphe-Noten gehört oder nicht) überraschten mich alle drei mit dieser geheimnisvollen Stein-Zeder-Note.

Und sollten Sie mich nach meinen Präferenzen fragen: Der Château Lilian Ladouys begeisterte mich am meisten.