Ein Wein mit einer sehr intensiven Vanille-Note macht uns neugierig.

Selbstgesteckte Ziele würzen ein Hobby mit einem zusätzlichen Anreiz und geben ihm mehr Struktur. So ist es auch diesmal, ein Zufall hat meine Neugier geweckt und eine interessante Aufgabe eingeflüstert.

Bei einer Party verkostete ich den Wein Santa Cristina Toskana, Jahrgang 2017, und war von seiner üppigen Vanille-Note ziemlich überrascht. Sie war angenehm, doch ein wenig zu stark, sodass ich sogar ein Zweifel an seiner natürlichen Herkunft empfand.

Schon früher habe ich ab und zu in Berichten von Weinkritikern gelesen, dass in dem einen oder anderen Wein ein Vanille-Aroma zu finden ist. Manchmal meinte ich, diese bei meinen Verkostungen leicht gespürt zu haben, doch so deutlich wie in diesem Toskana-Wein war es noch nie.

Eine Traubensorte mit Vanille-Akzent?

Wie entwickelt ein Wein solch ein Aroma? Ist das eine Eigenschaft von einigen Traubensorten oder eher das Verdienst des Barrique? Unser Toskana-Wein besteht zu 60 Prozent aus Sangiovese, die restlichen 40 Prozent teilen sich zu gleichen Hälften in Merlot und Syrah auf.

Der Sangiovese ist für seine vielfältige Aromawelt bekannt, auch eine leichte Vanille-Note ist in dem einen oder anderen Verkostungsbericht zu finden.

Bei der Suche nach einem Wein mit einem intensiven Vanille-Klang findet man ziemlich schnell einige kommerzialisierte Weine im Großhandel wie Edeka und Lidl. Und schon wieder sind es Italiener, wie zum Beispiel der Toscana Rosso Selezione Leonardi oder der Vei Cavour Goldenes Etikett (findet man bei Amazon).

Kann es das Barrique sein?

Zu vermuten ist, dass ein intensives Vanille-Aroma eher aus der Kombination von Fassholz- und sortentypischen Aromen entsteht. Das würde heißen, dass verschiedene Rebsorten beim Ausbau im Eichenholz (oder geröstetem Eichenholz) einen süßlichen Gewürzakzent vorweisen können.

Ein Experiment könnte es bestätigen oder widerlegen. Leider können wir bei unserer Suche aus verschiedenen Gründen nicht 100 oder mehr Flaschen öffnen und konzentrieren uns daher auf ein paar Kandidaten, unter denen wir aufgrund von Rebsorte-Eigenschaften und/oder gründlichem Ausbau in Eichenfässern einen möglichen Treffer vermuten.

Dabei lassen wir die italienischen Weine absichtlich außer Betracht. Unsere Weine stammen aus Spanien und Australien.

Juan Gil 2017

Der Juan Gil 2017 ist ein Monastrell-Wein mit einem hervorragenden Preis-Leistung-Verhältnis. Diese Rebe (auch Mourvedre oder Mataro genannt) ist die Basis für viele sehr fruchtige Weine mit Brombeer-Note, die oft sehr würzig (besonders bei jungem Wein) und charaktervoll wirken. Unser Kandidat vom 2017 hat nur einen viermonatigen Barrique-Ausbau in neuen französischen und amerikanischen Eichenfässern hinter sich. Die gut ausgeprägten Röstaromen und würzigen Kräuternoten wirken ganz überzeugend. Und doch ist keine Vanille zu erkennen.

Sierra Cantabria Crianza 2016

Ein sehr angenehmer Tempranillo-Wein. Ausbau: 14 Monate im Barrique. Reife Kirsche und eine sanfte mineralische Note machen den Abgang ganz angenehm und lang. Die Holz-Note ist eindeutig erkennbar. Von Vanille-Aroma wieder keine Spur.

Conde Valdemar Rioja Reserva 2011

Inhalt: 85 Prozent Tempranillo, 10 Prozent Graciano und 5 Prozent Garnacha. Von diesem Wein habe ich mehr zu erwarten. Er hat sich für meine Verkostung sehr gründlich vorbereitet: Der 27 Monate lange Ausbau im Barrique und die Rebsorten-Kombination haben diesem Reserva ein solides Lagerpotenzial verschafft. Das Ensemble Tempranillo-Graciano ist bei Rioja-Weinen nicht untypisch und ein leichter Vanille-Ton gehört oft dazu. Frische Säure in Kombination mit einem feinwürzigen Bouquet macht den Sierra Cantabria zu einem köstlichen Trank. Allmählich setzen sich die Noten von gerösteten Nüssen durch. Beim Abgang erschmeckt man leichte Karamellnoten. Jetzt sollten sich doch die gesuchten Töne durchsetzen … Und tatsächlich registriert man Vanille-Nachklänge – wenn auch ganz subtil.

Mr. Mick Cabernet Merlot

Im Glas ist dieser Wein aus Australien rubin-rot, überrascht sofort mit einer starken mineralischen Note und Aromen von trockenen Pflaumen und kalifornischen Mandeln. Außerdem machen sich Röstaromen und süße Gewürze bemerkbar. Die Säure ist sehr moderat. Beim Abgang setzen sich Schwarze Johannisbeere und animalische Noten durch. Vanille ist keine zu erkennen.

Mr. Mick Schiraz 2012

Das Bouquet des Mr. Mick Schiraz ist sehr vielfältig. Dunkle Waldfrüchte, Pflaume, Schwarze Schokolade – und sogar eine leichte Apfelnote ist da. Je länger der Wein atmet, desto mehr erkennt man die Vanille-Töne. Diese wirken sehr natürlich und bei weitem nicht so stark wie bei unserem Herausforderer aus der Toskana.

Nun, nach all diesen Erfahrungen öffnen wir wieder eine Flasche San Cristina. Er erscheint mir diesmal zwar auch sehr aromatisch, doch die Vanille lässt keinen Raum für die weiteren Entdeckungen, die einen passionierten Weintrinker beim Weingenuss so neugierig und glücklich machen.