Weinproduktion neu gedacht

Nach unserem Gespräch mit Lina, der Inhaberin von Kadma Winery, wollen wir nun tiefer in die Materie der Weinproduktion auf dem israelischen Weingut eintauchen. In die Produktionshalle begleitet uns die Prozesstechnologin Anna. Wir stellen unsere Fragen:

CBW: Sie produzieren Ihre Weine nach eigener Technologie, die teilweise auf der georgianischen Weinproduktionsmethode basiert. Was machen Sie anders und warum?

A: Wir benutzen die gleichen Tonbehälter Qvevri, wie Georgier. Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste ist die wärmeleitende Eigenschaft des Materials. Die Wärme durchdringt Qvevri nur sehr langsam, viel langsamer als bei Stahlbehältern. Dank dessen verläuft die Gärung bei niedrigen Temperaturen (kalte Gärung) und dauert länger. Dadurch geht weniger Aroma verloren und die Weine werden sehr aromatisch und elegant.

Der zweite und sehr wichtige Grund ist die konische Form. Die Bodenfläche und somit die Fläche von Bodensätzen (Most) ist wesentlich geringer als bei Stahlbehältern. Die produzierten Weine werden dadurch sanfter und feiner. Die Tannine werden dabei selten dominant.

In Georgien werden Qvevri in den Boden eingegraben und dadurch gekühlt. Wir halten sie in Kühlräumen: Der Boden in Israel kühlt sich im Winter nicht genügend ab und wir sind gezwungen, auf eine kontrollierte Kühlung zuzugreifen, was natürlich auch Vorteile bringt.

CBW: Könnten Sie bitte den gesamten Prozess grob beschreiben.

A: Um die anfängliche Gärungstemperatur so niedrig wie möglich zu halten, werden die Trauben am frühen Morgen gesammelt. Danach kühlen wir sie während des Tages weiter ab. Eine Temperatur von 13°C bis 15°C ist ideal.

Nachdem die Trauben den Crusher verlassen haben (eine Maschine, in der die Pflanzenzweige separiert und die Traubenhaut leicht „verletzt“ wird), landen sie in der Presse. Zuerst wird aber kein Druck ausgeübt. Dadurch lassen wir den Trauben die Zeit für den sogenannten Free Run. Ein Teil des Traubensaftes verlässt dabei die Beeren unter dem Druck des eigenen Gewichts. Das gewonnene Material ist qualitativ hochwertig und sehr fein – wir lagern es separat vom restlichen Saft. Danach lassen wir die Presse ihre Arbeit machen – aber auch das sehr sanft. Ich opfere gerne die Quantität für qualitative Vorteile.

Das Material gelangt also in die Qvevris. Die Mazeration dauert etwa 3 Tage. Danach sind 10 Tage für die volle alkoholische Gärung nötig und weitere 1,5 Monate für die malolaktische Gärung. Anschließend geht das Material wieder in die Presse und letztendlich gelangt es in die französische Barrique.

CBW: Unsere Verkostung in Ihrem Hause hat gezeigt, dass die mit Ihrer Technologie produzierten Weine sehr komplex und elegant wirken. Wie sieht es denn mit der internationalen Anerkennung aus?

A: Wir sind ein kleines Weingut und haben begrenzte Kapazitäten. Doch in letzter Zeit bekommen wir mehr und mehr Medaillen auf internationalen Wettbewerben. So hatte unser Gran Reserv noch kein Etikett  (wir waren noch nicht soweit) aber bereits die Goldmedaille beim Wettbewerb in Argentinien geholt.

In Israel gibt es ca. 400 Boutique-Weingüter und nur wenige können es sich leisten, ihren Wein ausschließlich auf dem Weingut zu verkaufen, wie wir es tun.